Lissabon – Dolce Vita und Savoir-vivre auf portugiesisch
Der erste Eindruck war Katastrophe!! Nachdem wir uns AM super organisierten Taxistand, wovon sich sogar die deutschen Taxen noch etwas abschauen können (wobei, gibt es deutsche Taxen bzw. -fahrer??), super auf unsere Tage in Lissabon gefreut haben, ging es IM Taxi dann direkt los, dass es so ganz und gar nicht mehr super zu werden schien …
… denn der Taxifahrer vom Flughafen sprach die komplette Fahrt nur davon, dass wir so extrem auf Taschendiebe aufpassen müssten. Er zeigte uns sogar eine Seite bei Facebook, auf der die Touristen Bilder der Typen einstellen und die Tricks farblich hervorheben … Nachdem er wusste, wo er uns hinbringen sollte, war nur noch von einer ganz schlimmen Gegend die Rede, da man hier vor lauter Lärm mindestens bis 5 Uhr morgens nicht schlafen könne … Ich habe somit bereits während der Fahrt überlegt, wie wir hier am besten innerhalb weniger Stunden gaaanz weit weg kommen, damit ich meinen Geburtstag nicht hier verbringen muss …
Und dann kam alles ganz anders …
Wir hatten uns für ein Zimmer im Bairro Alto entschieden. Am Wochenende wahrscheinlich wirklich eine absolute Feierhochburg. Aber für unseren Aufenthalt unterhalb der Woche absolut perfekt! Es gab wahrscheinlich keine ruhigere Straße in ganz Lissabon …
Außer, wenn der scheinbar auf dem Dach gegenüber ansässige Pfau balzte …
Unser Gepäck, das ausschließlich aus Handgepäck bestand (ich bin sooo stolz auf mich, dass ich das tatsächlich erstmals geschafft habe!) auf dem zuckersüßen, französisch anmutenden bzw. an Paris erinnernde Zimmer, sind wir gleich los, um ein Restaurant für das Abendessen zu suchen. (Der regelmäßige Leser dieser Seiten erinnert sich, dass wir unsere Aktivitäten im Urlaub meist um die von uns ausgesuchten Restaurants legen …) Fündig wird man hier quasi an jeder Ecke! (In der Hinsicht schonmal die perfekte Stadt für uns …)
So viele toll aussehende Restaurants,
meist mit offener Küche,
immer mit kreativer Dekoration,
oft auch mit traditionell inspirierter und immer super stylischer Einrichtung.
Nachdem ich mich direkt in den Eingangsbereich schockverliebt hatte, haben wir uns dann für dieses Restaurant hier entschieden:
Zum Glück haben wir gleich reserviert, was sich als sehr schlau herausstellte, da am Abend ungefähr 10x so viele Gäste gerne einen Tisch gehabt hätten und die Schlange am Eingang gar nicht mehr aufhörte (vielleicht stand das Restaurant in irgendeinem Führer?!)
Vorher ging es dann aber erstmal mit einem alten und wirklich minikleinen Aufzug, und sehr sehr skeptischen Raul, auf die benachbarte Dachterrasse zum obligatorischen Negroni – auch in Lissabon!
Ich bestellte ja während meines Studiums auch so komische Fast Food-Dinge, wie Krustenbraten – allerdings ohne Kruste … Somit wunderte es Raul dann auch nur kurz , als ich den Kellner bat, den Negroni bitte etwas leichter, also mit weniger Alkohl zu mixen. Der kam dann aber natürlich kurz nach der Weiterleitung des Wunsches an den Barkeeper zurück und meinte, dass das leider nicht gehe (klar, es gibt ja keinen einzigen nicht-alkoholischen Bestandteil im Negroni …) Wir einigten uns dann auf etwas Sprudel, was super war!
Was das anschließende Abendessen anging, hatten wir überhaupt keine konkrete Vorstellung – „vielleicht so wie in Spanien, plus sehr viel tollen Fisch durch die Nähe zum Atlantik?“ Auch diesbzgl. hat uns die Stadt absolut überrascht!
Die Venusmsucheln waren ein Traum und der portugiesische Eintopf aus u.a. Rindfleisch, Senffrüchten, Kapern und Oliven eine absolute Geschmacksexplosion!
Auch der Hauptgang, Reise mit Meeresfrüchten und Stockfisch, absolut empfehlenswert und gar nicht mit Paella oder Risotto zu vergleichen.
Und es wäre nicht komplett, wenn ich mein Dessert nicht hätte … (und Raul den zweiten Löffel … Vielleicht bestellt er auch deswegen immer Espresso, falls mal kein Löffel für ihn eingedeckt wird??)
Der nächste Tag stand dann ganz im Zeichen von sight seeing, u.a. der Avenida de Liberdade, der Einkaufsmeile der Stadt, und somit natürlich auch ein ganz klein wenig Shopping … um dann hier mittags wieder bereits den Tisch für den Abend zu reservieren (so etwas deutsche Struktur braucht es ja auch im Laissez-faire-Süden …)
Das Tolle an der Av. de Liberdade ist, neben den Geschäften, vor allem der Grünstreifen in der Mitte der Straße. Regelmäßig bestückt mit kleinen Cafés und einem Brunnen.
Und immer die tollen Steine mit Muster und das Schattenspiel – aber auch ganz schön rutschig, sobald es mal wieder steiler wurde! (Was in Lissabon nicht lange dauert …)
Aber der Reihe nach … natürlich gab es erst Mal Frühstück. Gleich bei uns an der Ecke, in einem wunderschönen Ambiente. Das stand dann wohl auch in irgendeinem Lissabon-Führer, da ständig irgendjemand mit einem Foto hereinkam …
Raul braucht ja lediglich mehrere Kaffee. Bei mir muss es neben einem Milchkaffee ein frischgepresster Orangensaft und das typische Süßteil der jeweiligen Stadt sein (dass ich in Mailand und Verona mal die halbe Theke mit Brioche con la crema bianca bestellt habe, da ich Angst hatte, es gibt keine mehr, wenn ich noch eins möchte, habe ich ja im Beitrag Tour de Geburtstag – Wo bitte gehts zum Genuss schon geschrieben …)
Diese Problem hatten wir hier nicht, da die 1 stündige Zeitverschiebung perfekt war – sogar Raul war immer relativ früh wach (was vielleicht aber auch etwas an dem Alltag mit Kindern liegt) und vor allem ich dann auch fertig (was definitiv an dem Aufenthalt ohne Kinder lag …)
Mittags ging es dann mit unseren Einkaufstüten zurück zu unserem Viertel und einem wunderbaren kleinen Restaurant, in dem wir sogar noch ein zweites Mal gegessen haben.
Gestärkt und die Weißweinflasche dann letztendlich doch geleert, haben wir dann immerhin auch einige der bekannten Sehenswürdigkeiten der Stadt besucht.
Nicht ohne in der Fußgängerzone, auch wenn natürlich sehr touristisch, die traditionellen Stockfisch-Kroketten zu probieren. Sehr fein! Vor allem die mit Käse!!
Über die Praça do Comércio bis zum Fluss Tejo runter, wo dann eine Band die typische melancholische, aber irgendwie trotzdem fröhlich machende, Fado-Musik gespielt hat und eine so wunderbare Atmosphäre herrschte – mit Blick auf die Mini-Christus-Statue Cristo Rei (schon so ein bisschen Rio-Feeling…) und die Brücke des 25. April (… und gleichzeitig San Francisco).
Und natürlich sind wir mit der obligatorischen alten Tram gefahren (wie ungefähr kein Einheimischer, aber sonst alle sich in der Stadt befindenden Touristen …)
Vorbei und durch ganz verschiedene Viertel, die aber irgendwie nie wirklich als „besser“ oder „schlechter“ identifiziert werden können sondern alle auf ihre Weise schön sind, hat uns dann auch noch eines der vielen E-Tuc-tucs auf zwei der höchsten Aussichtspunkte gebracht (wobei man hier vorher definitiv keinen Bandscheibenvorfall haben darf, den man dann aber danach hat …),
bevor es dann zum Abendessen in das Restaurant ging, das uns Rauls Lissabon kundige Cousine empfohlen hat (und in dem wir ja schon mittags reserviert hatten) … und das war es in mehrerer Hinsicht absolut wert!
Außenansicht … und drinnen erst … und das Essen …
Zum Abschluss ging es dann noch zum obligatorischen Gin Tonic auf eine der angesagtesten Dachterrassen der Stadt im ggü. liegenden Hotel.
Unter der Rubrik „Was man gesehen haben bzw. gemacht haben muss, es aber nicht wirklich nochmal machen würde“ fällt dann die Bootsfahrt auf dem Tejo
(viel zu viele Touristen, die sich um Plätze streiten, was bei mir aus deutscher Contenance ganz schnell südländisches Temperament werden lässt …)
zum Stadtteil Belém, um die originalen Pasteis de Belém, diese wirklich sehr feinen, mit Vanillepuddingcreme gefüllten, Blätterteigteilchen zu kaufen. (Die doppelreihige Schlange zum Anstehen war übrigens wieder sehr deutsch organisiert …)
Der absolut perfekte Abschluss war dann, wieder dank einer weiteren Empfehlung von Rauls Cousine, der Tag in Cascais, einem Dorf mit sehr schöner Strandpromenade, etwa 1/2 Stunde westlich von Lissabon, wohin man auch bequem und mit deutlich mehr Aussicht als mit dem Auto, mit dem Zug fahren kann. Die Schienen verlaufen nämlich fast am Meer, während die Autobahn weiter im Landesinneren liegt. (Die bietet sich dann für die späääte Rückfahrt an!)
Perfekt natürlich mit einem wunderbaren Abend in einem Restaurant etwas außerhalb, direkt am Meer, nahe einem der wohl schönsten Strände Portugals.
Nach dem Aperitiv hat Raul dann die besten Austern seines Lebens gegessen, was wirklich außergewöhnlich ist, da er ja eigentlich die bretonischen über alles liebt und ein absoluter Verfechter dieser ist …
… und neben dem Fisch des Hauptgangs war der traumhafte Sonnenuntergang und das Licht dann einfach der Traum-Abschluss!
Das Fazit unserer kurzen Auszeit: Die Stadt ist zwar voll mit Graffiti und wirkt so oft auch etwas verwahrlost oder teilweise schmutzig,
sie ist aber absolut sehens- und genießenswert und das Essen ist ein absoluter Traum. Passend dazu schrieb mir eine gute Freundin als Antwort auf eine Nachricht, dass wir gerade in Lissabon seien, einfach nur „lecker“ !
Gut, dass wir diesmal nicht nach Italien, Frankreich oder Spanien gefahren sind und noch besser, dass wir nicht früher geboren sind! Das einzige, das man bei seinem Besuch nämlich beachten sollte ist, (also, außer die Waage zu ignorieren) dass man unter, sagen wir mal, 75 ist … Seniorenportionen gibt es nämlich nicht und sonst wird es auch etwas schwierig mit den sieben Hügeln, auf denen die Stadt gebaut ist …
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